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Erstaufführungen von Werken Camillo Schumanns
Vorankündigung, Rheinische Post vom 14.04.2004
“Frühlingserwachen“ im Schloß Mickeln

Camillo Schumann neu entdeckt

WERSTEN. Lange Jahre hat Ulrich Rasche die Orgelbank der Maxkirche gedrückt, inzwischen hat er sich in Wersten an der Orgel der evangelischen Stephanuskirche niedergelassen. Zusammen mit Kantor Klaus Wedel bereitet er ein Konzert vor, das im Rahmen der 1100-Jahr-Feier von Himmelgeist im Schloß Mickeln stattfinden wird.
Unter dem Thema „Frühlingserwachen“ wird ein Komponistenportrait von Camillo Schumann angekündigt. Kennt man denn als Düsseldorfer Schumann nicht? Schon, aber in der Regel nur Robert oder Clara, nicht aber Camillo. – Camillo Schumann wurde am 10.März 1872 in Königstein/Sachsen geboren und starb am 29.Dezember 1946 in Bad Gottleuba, ebenfalls in Sachsen. Dazwischen lagen 74 Jahre gesammelter musikalischer Erfahrungen, die im Alter von 12 Jahren mit der Leitung der Turmbläser seiner Heimatstadt begannen, über Studien in Leipzig und Berlin bis zum Titel „Großherzoglich Sächsischer Musikdirektor und Hoforganist“ und schließlich wieder in die Vergessenheit führten.
Was bringt den rheinischen Organisten Ulrich Rasche dazu, sich mit dem Sachsen Camillo Schumann zu beschäftigen? – „Sein Orgelwerk ist mit das bekannteste, was von ihm verlegt wurde. Es gab die 4. und 6. Orgelsonate, also forschte ich nach der 1., 2., 3. und 5., die ja zumindest existieren mussten. Von Reinhard Kluth hatte ich den Hinweis auf Harald Schurz, der 1954 das Königsteiner Musikarchiv gegründet hatte. Dort lag das Gesamtwerk von Camillo Schumann. So habe ich die vier gesuchten Sonaten bekommen, von denen eine schöner ist als die andere.“

Nie gedruckt

Wieso werden für das kommende Kammerkonzert deutsche Erstaufführungen angekündigt, wenn doch Schumann zu seiner Zeit bekannt war und viel gespielt wurde? – „Mittlerweile ist das Gesamtwerk katalogisiert worden, und liegt im Hauptstaatsarchiv in Dresden. Vieles ist nie gedruckt worden, vor allem von seiner Kammermusik. Mir liegt besonders daran, diese Werke wieder zugänglich zu machen. Dass sie noch nie aufgeführt wurden, lässt sich daraus ableiten, dass keine lesbaren Abschriften, sondern nur die schwer zu entziffernden Autographen Schumanns vorliegen. Das Notenmaterial zum Konzert liegt jetzt erstmals in gedruckter Form aus meinem „Rasmus Verlag“ vor“, so Rasche. Wo ist Camillo Schumann einzuordnen? – „Er ist ein von Brahms und Liszt beeinflusster Spätromantiker, der die Strömungen seiner Zeit fast völlig ignorierte. Aber ich habe ein Faible für solche Musik und sehe den Konzerttitel „Frühlingserwachen“ auch im Bezug auf das Werk Schumanns.“
HORST SCHAUMANN



Pressekritik, Rheinische Post vom 20.04.2004
„Frühlingserwachen“ in Schloß Mickeln:
Kammerkonzert mit Werken von Camillo Schumann

Viel Beifall für die Interpreten

Schloß Mickeln gab einen passenden Rahmen für ein ungewöhnliches Konzert mit Werken von Camillo Schumann ab.

HIMMELGEIST. Im gleichen Jahrhundert wurden sie geboren: Robert (1810) und Camillo Schumann (1872). Sachsen waren sie beide, in Zwickau und Königstein geboren. Und noch eines ist ihnen gemeinsam: Die Liebe zur Klavierkomposition. Hatte Robert seine größten Erfolge in Leipzig und Dresden, so wurde Camillo vor allen Dingen als Organist an der Stadtkirche St. Georg in Eisenach bekannt. Dort wirkte er sehr erfolgreich von 1896 bis 1913, nahm sich vor allem der Pflege der Bach’schen und der zeitgenössischen Musik an und wurde dafür als „Großherzoglich Sächsischer Musikdirektor und Hoforganist“ geehrt.
Neben seinen Interpretationskünsten traten immer stärker seine kompositorischen Fähigkeiten in den Vordergrund. 1914 ließ er sich in der Nähe seines Geburtsortes in Bad Gottleuba nieder, komponierte und konzertierte, bis er dort am 29.Dezember 1946 starb. – seinem Kompositionsstil blieb Camillo Schumann zeitlebens treu, ließ die Wogen moderner Stilrichtungen an sich vorüber gleiten. Darin liegt auch der Grund, dass Verlage sich seiner Kompositionen nicht annehmen wollten.
Dass es dennoch wichtig ist, seine nie gedruckte Kammermusik der Vergessenheit zu entreißen, davon ist Ulrich Rasche überzeugt. Mit dem Programm „Frühlingserwachen“ in Schloß Mickeln überzeugte er auch das begeisterte Publikum. Das hörte nicht nur aufmerksam zu, sondern stöberte in der Pause interessiert in den ausgestellten Noten und Erstdrucken. Den Reigen der Erstaufführungen eröffnete Rasche mit „Frühlingsstimmung“, einem Lied ohne Worte aus Schumanns „Jahreszeiten“ op.56 für Klavier. Unerwartete Wendungen gab es hier noch nicht, einfach schöne Frühlingsgefühle in Musik gesetzt.
Zur österlichen Zeit passend, folgten drei geistliche Lieder, die Angelika Bamber (Sopran) und Klaus Wedel (Klavier) darboten. Von eindruckvoller Schlichtheit das „Vater unser“, auf Gedichte von Julius Sturm das tröstliche „Charfreitag“ und das fröhliche „Osterlied“, bei denen die Sopranistin nicht immer die gedruckten Tonhöhen umsetzte. Mit der dreisätzigen Sonate in F für Horn und Klavier kam ein kammermusikalischer Reißer zu Gehör, den Wedel und Ana Carolina Dulcé Ramirez so bravourös interpretierten, dass jeder einzelne Satz mit Beifall quittiert wurde.
Aus dem reichhaltigen Klavierwerk spielte Ulrich Rasche vier Klavierstücke, verzauberte das Publikum und erweiterte so das Komponistenportrait. Die mit Schwierigkeiten gespickte Sonate in d-Moll für Violine und Klavier, mit Alexander Fröhlich als Solisten und Ulrich Rasche am Klavier, schloss das Programm. Es folgte lang anhaltender Applaus, der Komponisten und Interpreten gleichermaßen galt.
HORST SCHAUMANN

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